Ob Leitz-Ordner oder digitale Akte, der Mikrokosmos zwischen Ablagesystem, Tacker und Stempelkissen – die Büroklammer nicht zu vergessen – hat sich über die Jahrzehnte nicht wirklich verändert. Zeitlos die Varianten, mit denen sich seine Bewohner, der eine so, die andere so, durchs Büroleben schlagen. Wunderbar auf die Bühne gebracht vom zehnköpfigen Ensemble des Theaters in der Orgelfabrik, erkennen wir sie alle wieder: die recht eigennützige Optimiererin, den hoffnungsfroh an seiner unrealistischen Beförderung deichselnden Nachwuchsmitarbeiter, die nervigen Eigenwilligkeiten des einen Kollegen und die geschickte Kunst des anderen, der Arbeit möglichst weit aus dem Weg zu gehen. George Courteline, nach dessen Roman das Stück Zauberhafte Aktenwelt gestaltet ist, soll letztere auch recht gut beherrscht haben. Es heißt, er sei nicht allzu oft anwesend gewesen im Ministerium, wo er als Kopist juristischer Texte arbeitete – sein Herz gehörte der Schriftstellerei. Courtelines Beobachtungen des Bürokosmos belebt die unterhaltsame Inszenierung durch ihren stimmigen Zusammenklang von Bühne, Licht, Musik und vom Ensemble amüsant-skurril gezeichneter Figurenwelt. In dieser – es handelt sich um die Behörde für Schenkungen und Vermächtnisse – hat die Kuratorin des Museums Vanne-en-Bresse ihre liebe Not. Wo ist die Akte einer für das Museum höchst bedeutenden Schenkung, wünscht sie zu wissen, und warum ist sie nach vier Jahren noch nicht bearbeitet? Ein Prise Kafka zeigt sich in "Zauberhafte Aktenwelt" nicht nur in ihrem allen Anschein nach aussichtslosen Unterfangen.
bis 19. September 2025
jeweils Donnerstag bis Samstag um 20 Uhr
Theater in der Orgelfabrik
Amthausstraße 17-19
Karlsruhe-Durlach